Montag, 20. August 2007

Abenteuer Alltag

„Watch me come undone“ Robby Williams

„I wasting my Time in the Waiting line“ Zero 7

„Mit Zahnschmerzen bist du nur ein halber Mann“ Jens Husmann

Ohne Geld bist du nur ein halber Mann. Jetzt bloß keine Zahnschmerzen bekommen. Ich war schon länger nicht mehr unter Menschen, also ein zufällig zusammen gewürfelter Haufen Alkoholiker bei irgendeinem Anlass. Es ist kein Geld dafür da, sonst wäre ich dabei. Ganz sicher. Ich sehe in der Woche und am Ende jeder Woche immer nur dieselben zehn bis fünfzehn Gesichter. Mein Alltag sieht so aus, dass ich im Idealfall aufwache. Um 13 Uhr. Mittagessen. Gebeugt über den Teller, schaufele ich recht hastig das Essen in mich hinein. Am besten dafür geeignet ist der Löffel, egal was es gibt. Den nervenden Fragen in Richtung Karriere, Finanzen und Wie soll das nur mit dir weiter gehen, kann ich nicht lange mit Argumenten zufrieden stellend standhalten.

Nach dem Essen schaue ich noch den Rest der Oliver Geissen Show. Irgendwann werde ich sagen können: den Gast kenne ich noch von Früher. Um 14 Uhr ist dann ein kleines Programmloch. Richtersendungen und diese Psychotante von Sat 1 schaffe ich geistig nicht. Noch nicht. Stattdessen höre ich Musik und versuche brauchbare Übergänge zwischen den Songs hinzubekommen. Um 15 Uhr hallt in meinem Kopf eine ABM nach. Da kam etwas hinterher, als ich nach dem Mittagessen die Treppe hochging… war es Rasenmähen? Etwas mit hochnehmen? Oder war es ein Déjavu? Um 15 Uhr 20 kommt auf RTL 2 Captain Tsubasa a.k.a. Super Kickers ´06. In jeder Folge wächst Jemand über sich hinaus und mir kommen die Tränen. Ein Highlight des Tages ist, traurigerweise, die Anime Serie Naruto. Mangas und Animes waren in meiner Jugend ein absoluter Insider, heute gaffen sie alle Dragenball Z, Naruto und Kollegen.

Um 16 Uhr 20 verlangt der Tag wieder nach meiner Aufmerksamkeit. Wenn die Sonne scheint ist das schlechte Gewissen am schlimmsten. See? Fahrrad? Wie weit kommt man ohne Auto? Ohne Geld? Wenn kein Training ist, laufe ich manchmal, aber derzeitig sind meine Kopfhörer verschwunden und ohne Musik ist Laufen wie… eine schlechte Ausrede. Internet oder Videospiele besitze ich nicht. Bei Geissen habe ich gelernt, dass man sich ständig bewerben muss, sonst kommt man direkt von der heimischen Couch selber in die Sendung. Das tue ich auch recht erfolglos.

17 Uhr, Taff kommt. Hochglanzmagazin mit 25 Bildern in der Sekunde. Spontan fällt mir kein Promi ein, der in dieser Sendung gezeigt wird und mir sympathisch ist. Von 17 Uhr 55 bis 18 Uhr 10 wird das erste Mal Abendbrot gegessen, vorausgesetzt es ist kein Training. Dann eine Folge Simpsons. Der erste Schmunzeler des Tages wird mir entlockt. Die fünf Kilometer mit dem Rad zum Training geben mir das Gefühl zurück, nicht am Leben, aber zumindest am Straßenverkehr teilzunehmen. Kann ja schnell auch das genaue Gegenteil bedeuten. Beim Training merke ich die Verwahrlosung.

Abends beginnt der Tag. Ich sitze zu Hause schreibe, lese und rechne. Bei Sonnenlicht kann ich das nicht. Zwischendurch sitze ich auf der Bettkante und beobachte Insekten - das Fenster war auf, es ist einfach zu warm - und haue sie dann vorsichtig, mit einem Buch von Moritz von Uslar, tot. Der Trick ist das Buch langsam heranzuführen und dann nicht schlagen, sondern drücken. Sonst verdrängt man zu schnell die Luft und diese leichten Biester werden zum Rand hin weggetragen, bevor das Buch die weiße Vertäfelung erreicht. Meine Theorie. Ich schlafe erst um 6 Uhr ein. Mein Tag hat sich noch weiter nach hinten verschoben. Die Lieder aus den Boxen werden jetzt merklich harmonischer. Ich habe keinen Stress mehr, nur noch Zeit. Open End, sozusagen. Der Fan wird jetzt fragen: Welcher Stress denn? Gute Frage. Es ist kein Stress, es ist mehr ein Gefühl, eine Stimme, die jeden Satz mit „eigentlich…“ beginnt. Das gleiche Gefühl habe ich bei Warteschleifen von Ämtern. Nachts kommen dann manchmal gute Filme oder Kabarett oder Reportagen. Stets auf den öffentlich rechtlichen Sendern.

Alles bequem vom Bett aus erreichbar
Das hake ich dann unter Bildung ab. Schöner Selbstbetrug. Bis ich glaube müde zu sein, lese ich die dicken Bücher von Walter Moers. Da mein CD – Wecker mich nicht mehr wecken muss, benutze ich ihn zum einschlafen. Die Lautstärke wird heruntergedreht und ich höre Hörbücher oder den japanischen original Soundtrack von Akira.

Am letzten Wochenende kam es zur Reizüberflutung. Sozialer Umgang ist wie Fahrradfahren, man muss immer wieder üben, üben, üben, damit man es nicht verlernt. Großraumdisco, Schützenfest, so viele Menschen, so viele Eindrücke, an die ich mich nur vage erinnern konnte… das musste ja schief gehen.

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